Kirchengeschichte wird neu geschrieben
Zum ersten Mal in der Kirchengeschichte wagten es Vinzenz und Louise, ihre Schwestern außerhalb von Klostermauern einzusetzen: in den Elendsvierteln der Stadt, in den Dörfern zur Pflege der Kranken, zum Unterricht und für die Katechese bei Kindern und Jugendlichen.
Eine religiöse Frauengemeinschaft, die sich bewusst als eine Alternative zur strengen Klausur der Nonnen verstand, war in der katholischen Kirche etwas völlig Neues. Statt eines ewigen Gelübdes legten sie ein Versprechen ab, das für ein Jahr galt und bis zum Tod erneuert werden konnte oder auch nicht. Statt Schleier und Ordenstracht trugen sie die Tracht bretonischer Landmädchen, die in Paris als Hausangestellte tätig waren. So gingen sie von Haus zu Haus, betreuten dort Kranke, Alte und Waisen, kümmerten sich um Häftlinge und sorgten in den Hospitälern für eine organisierte Krankenpflege.
Eine diesbezügliche Aussage von Vinzenz wurde zur Lebensregel der Schwestern: „Ihr habt als Kloster die Häuser der Kranken, als Zelle eine Mietkammer, als Kapelle die Pfarrkirche, als Kreuzgang die Straßen der Stadt, als Klausur den Gehorsam, als Gitter die Gottesfurcht und als Schleier die heilige Bescheidenheit.“